Die kleinste Backstube im Ruhrgebiet

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Die kleinste Backstube im Ruhrgebiet

Paashaas
Veröffentlicht von Paashaas in Literaturtipps · Montag 02 Dez 2019
Haben Sie schon einmal unter Anleitung eines echten Bäckermeisters backen dürfen?
 
Wir hatten dieses Vergnügen am vergangenen Freitag in der kleinsten Backstube im Ruhrgebiet in Mülheim bei Peter Winkel – Bäckermeister, Autor und Quäler der armen Pumänner, die unter seinen geschickten Händen sogar eine ansehnliche Form erhielten.
Die Teilnehmer des Backkurses „Alte Brot- und Kuchenrezepte aus Mülheimer Bäckereien“ stellten sich mit dem fluffigen Hefeteig eher ungeschickt an, hatten dafür aber jede Menge Spaß! Die Pumänner haben sich den Backkünsten der Kursteilnehmer jedoch nicht widersetzen können und wurden in ungewöhnliche Formen gebracht, was dem herrlichen Geschmack jedoch keinen Abbruch geleistet hat.
Doch beginnen wir von vorne!
Als wir die Backstube betreten, ist es angenehm warm, ein Kaminfeuer lodert vor sich hin, auf einer langen Holztafel stehen Getränke und Gläser bereit. Der stilvolle Raum ist mit diversen Backformen, Erinnerungen und uralten Geräten ausgeschmückt.
Die eigentliche Backküche ist extrem klein und quadratisch – mehr als 3 Personen gleichzeitig finden hier keinen Raum. Ein uralter Mixer nimmt den größten Platz ein, dahinter befinden sich zahllose Backbleche und ein Backofen mit Raum für viele Bleche gleichzeitig. In einer großen Schüssel wartet bereits ein vorbereiteter Spekulatiusteig, der nun auf Zimmertemperatur gebracht wird.
 
Peter Winkel begrüßt seine Gäste liebevoll und erklärt, woran man echte Spekulatiusformen von nachgemachten unterscheiden kann. In einer weißen Dose finden wir ein sehr feines Pulver, womit wir selbst die hölzernen Originalformen bestäuben dürfen. Es fühlt sich sehr weich und sanft an. Was ist das? Die Kursteilnehmer sind ratlos. So etwas haben sie vorher nie berührt. Wir werden aufgeklärt: Es handelt sich um Kartoffelstaub, ein sehr hochpreisiges und nur wenig bekanntes Mittel, um die Backformen zu pudern, damit der Teig besser aus der Form gelangen kann. Viel feiner als normales Kartoffelmehl ist es.
Grob wird der Teig unter Druck von Hand in die sehr großen Formen gepresst, mit einer großen Rolle in kurzen Bewegungen eingepresst, an den Rändern abgeschnitten und dann mit zackigen Bewegungen eines scharfen Messers an die Backform angepasst. Darauf kommt ein großes Holzbrett. Peter Winkel dreht dieses schwungvoll um und knallt Brett und Form mit einem Höllenlärm und viel Kraft auf den Tisch. Alle zucken zusammen – doch der Spekulatiusteig liegt vollständig in Form nun auf dem Brett und kann problemlos auf das Backblech überführt werden. Es sieht so einfach aus und alle sind begeistert.
Doch dann sind wir dran. Also den Teig in die Form bringen, geht gut, mal wird ein Bein abgerissen oder der Kopf ein wenig verzogen. Doch das lässt sich leicht korrigieren. Die Damen der Runde sind sich einig: Jetzt backen wir uns einen Traummann!
An der geforderten Gewalt hapert es dann aber ganz enorm. Es fällt fast allen schwer, den armen Spekulatiusmann mit Kraft auf den Tisch zu knallen! Doch irgendwie schaffen wir es, befreien den armen Kerl per Besen noch von überschüssigem Kartoffelstaub und dann darf auch er aufs Blech! Wow, das macht Spaß! Die Teilnehmer sind voll bei der Sache und geben sich gegenseitig Tipps, während Peter Winkel entspannt danebensteht und lächelnd begutachtet, wie sich seine Schützlinge so anstellen.
Als die Spekulatiusmänner und -frauen alle erstellt sind, wandern sie in den Ofen.

Dort hatte bis gerade eine Metallrolle mit wunderschönen Motiven Wärme gesucht. Diese Rolle wird nun in ein altes Backgerät eingesetzt, das an einen Fleischwolf erinnert, nur viel älter, aufwendiger und mit Laufband dabei!
Nach kurzer Einweisung können wir dort mit demselben Teig nun ganz viele kleine Spekulatius backen. Es macht tierisch Spaß, auch wenn der ein oder andere Kopf abgetrennt wird, die Beine an den Plätzchen fehlen und wir des Öfteren nicht rechtzeitig bemerken, dass wir keinen Teig nachgefüllt haben. Ganz schnell haben wir dem Bäcker die Arbeit abgenommen und kurbeln selbst, was das Zeug hält, um möglichst viele Plätzchen herzustellen. Okay, beim Übertragen auf das Backblech nutzen wir eine andere, umständlichere Arbeitsweise, die zwar länger dauert, uns dadurch jedoch mehr ungeköpfte Figuren bereitet. Peter Winkel versucht uns mehrfach von seiner Technik zu überzeugen, doch wir sind beratungsresistent und haben sehr viel Freude daran, jeden einzelnen Max und Moritz auf das Blech zu bringen.
So ist es dann schon recht spät, bevor die Plätzchen in den Ofen wandern können.
Als das dann doch noch geschafft ist, wird unter Anleitung ein frischer Hefeteig zubereitet, denn die Pumänner sollen ja auch noch entstehen. Unser Bäckermeister gibt uns viele gute Tipps, wie man einen vermeintlich zu flüssigen Teig noch retten kann und was gerade bei Hefe so alles zu beachten ist.
Dann ist Warten angesagt. Aus dem Ofen riecht es schon lecker nach Spekulatius.
An der langen Tafel wurde inzwischen ein deftiges Buffet aufgebaut mit frischem Brot, Käse und Wurst. Ein gutes Glas Rotwein darf dabei nicht fehlen.
Als wir einheitlich das gute Brot loben, wird Peter Winkel ein wenig verlegen. Denn er hat es nicht selbstgebacken, sondern einfach nur gekauft … Geschmacklich war es trotzdem super!
Die Hefe muss noch aufgehen. Daher verwöhnt Kursteilnehmerin Petra E. Schumann die anderen Gäste mit einer weihnachtlichen Geschichte vom 1-beinigem Johannes, einem Lebkuchenmann. Alle lauschen voller Spannung der emotionalen Geschichte, die die Autorin selbst geschrieben hat. So geht Weihnachten!
Danach ist der Teig fertig aufgegangen und endlich dürfen wir uns an die Pumänner machen. Unter viel Gelächter drehen wir seinen Kopf in Form, schneiden ihm den Unterkörper durch und versuchen ziemlich ungeschickt, dem armen Kerl auch noch Arme zu verpassen.
„Die Augen stark durchpressen, bis ganz aufs untere Blech! Sonst bekommt er Glupschaugen oder wird blind! Aber alles darf der arme Kerl auch nicht sehen, haltet ihm den Kopf fest und die Augen zu.“ Er soll doch nicht alles miterleben müssen, der arme Pumann, der dank des wirklich geschmeidigen Hefeteigs so gar nicht seine Form behalten möchte. Die Tipps vom Bäckermeister sorgen für reichlich Unterhaltung und werden so wohl nie mehr vergessen.
Eine letzte Rosine wandert in die Hand von Peter Winkel. Mit viel Schwung befördert er sie in den Schritt des armen Backwerks! „Pu – geschafft, nun ist er fertig zum Backen, der kleine Pumann.“ Unter viel Gelächter wandern die komischen Figuren in den Backofen.
Während wir auf die Fertigstellung warten, wird das Spekulatius probiert. Himmlisch lecker sind die Plätzchen, die wir später auch alle mit heimnehmen dürfen.
Auch die Pumänner schmecken hervorragend, auch wenn es etwas Überwindung kostet, dem armen Kerl ein Bein auszureißen, um es aufzuessen. An den Kopf wage ich mich nicht, das hat er nicht verdient. Ein anderer Kursteilnehmer sieht das ganz anders und beißt beglückt hinein. Tschüss Pumann, war schön mit dir!
Es ist schon fast 23 Uhr, als wir alle völlig zufrieden, nach Plätzchen duftend und mit ganz viel Weihnachtsvorfreude die kleine Backstube verlassen. Wir werden garantiert noch einiges nachbacken. Denn die ganzen alten Rezepte stehen gesammelt in einem Buch, verfasst vom Bäcker Peter Winkel persönlich. Eine schönere Erinnerung an diesen wundervollen Abend kann es gar nicht geben – pu, wir haben es geschafft! Und Autor Peter Winkel ist sicher froh, nun seine kleine Backstube wieder ganz für sich alleine zu haben … denn Aufträge für sein so mega leckeres Spekulatius hat er mehr als genug!

Hier können Sie das Buch erwerben und finden Infos zum Bäckermeister Peter Winkel:
http://www.verlag-epv.de/sachbuch---ratgeber.html#Kuchenrezepte


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